Interview
Gisela Oberndorfer im Gespräch mit
Friedrich Kleinheinz

Warum Malerei? Wissen, wie es geht.

Der Goldene Schnitt galt in der Malerei, gilt in der Photographie als eine der wichtigsten bildgestalterischen Regeln. Spielt er für dich eine Rolle?

Friedrich Kleinheinz: Das ist ein heikles Kapitel, weil der Goldene Schnitt eigentlich eine lineare Geschichte ist, was meines Erachtens üble Folgen hat: Man empfindet ihn als organisch, zusammenhängend, es ergeben sich „schöne, edle Proportionen“, doch man ignoriert darüber die Bedeutung des Materials. Also, wenn ich sehe, dass ich etwas mache, das in den Proportionen „stimmt“, dann werde ich misstrauisch.

Deine Arbeiten sind heute härter, existentieller als früher.

Friedrich Kleinheinz: Die Selbständigkeit der Materialien wird mir immer wichtiger.

Die Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Gegenwart wie auch die Wahrhaftigkeit im Umgang mit ihnen erfolgt auch in der Malerei. Es gibt viele Versionen: grob, überbordend wie etwa bei Anselm Kiefer – oder die Reduktion wie bei dir.

Friedrich Kleinheinz: Auch wenn das heute nicht mehr so streng auszudrücken ist, gilt für mich: Was im Bild nicht steht, ist nicht drin. So möchte ich nicht mit Verknüpfungen von Bild und Wortzitat arbeiten, ich kann das nicht.

Ist es richtig, wenn ich den Begriff „streng“ für dich als unpassend bezeichne? Ich denke, das, was in deiner Arbeit abzulesen ist, kann eher mit „zurückgenommen“, aus der Bescheidung, Beschränkung entstanden bezeichnet werden, als entschieden, präzise. „Streng“ könnte mit „stur“ konnotiert werden.

Friedrich Kleinheinz: Ja, das stimmt wohl, wobei man nicht vergessen sollte, dass es einmal einen ungeheuren bildnerischen Reichtum gegeben hat. In irgendeiner Form möchte ich das auch rüberbringen – eine Knochenarbeit. Ich denke gerade an Bellini, Massagio, Ucello, Rembrandt, Tintoretto. Sie sind unter anderen meine Bezugsquellen, keine Vorbilder, da sie nicht zu übertragen sind, aber sie übertragen mir ihr intelligentes Verständnis von Malerei. Obwohl ich an sie nicht anknüpfen kann, frage ich auch: Was ist eine Farbe?

Strebst du das an? Bewunderst du die historische Malerei in ihrer Güte?

Friedrich Kleinheinz: Wahrscheinlich geht das so nicht, weil jede Zeit ihre eigene Qualität des Sehens hat. Malerei ist nicht nur von einer Person abhängig, sie hat mit dem Wandel menschlicher Äußerungen zu tun.

Gibt es jemanden in der gegenständlichen Malerei, der dein Anliegen hat?

Friedrich Kleinheinz: Jemand, der Malerei so uneingeschränkt und offen betreiben kann, zwischen historischer Malerei und heute? Zeitgenössisch,  nie als Vorbilder, aber als ähnlich: Pierre Soulage, in Teilaspekten Lucio Fontana, dessen Schlitzbilder mich beeindruckten, bis ich verstanden habe, warum er eine schwarze Leinwand einsetzt. Es ging ihm wie mir um das Verhältnis von „hell“ und „dunkel“

Welche Rolle spielt bei dir die Farbe?

Friedrich Kleinheinz: Sie stellt dem Maler eine der komplexesten Fragen. Meiner Erfahrung nach kommt die Farbe in der Natur oder um uns herum nur in dünnsten Schichten vor. Nehmen wir ein grünes Blatt: Nur die oberste Farbschicht ist wirklich grün, und diese Schicht ist in den meisten Fällen dünn. Wenn ich Dinge mache, wenn ich Farbe in mein Bild bringen muss, kann sie nur dünn sein. Wenn sie dick sein soll, dann geht es nur über ein entsprechendes Material.